„ALLES FIT IM SCHRITT?“

(ich weiß nicht, ob es eine Triggerwarnung braucht. Hier steht nichts Schlimmes, aber es geht u.a. um männliche Sexualität und Pubertät. Ich wollte es nur gesagt haben …)

Als ich im Haus meiner verstorbenen Eltern mal geputzt hatte, damit wir es beim scheibchenweisen Haushaltauflösen einigermaßen schön haben, purzelten die Gedanken.
„Alles fit im Schritt?“ –
Das ist auch so ein fröhlich kumpeliger Begrüßungsspruch, der eigentlich so gar keine andere Antwort zulässt, als so ein humoriges:
„Höhö! Na klar!“
Weil irgendetwas anderes zu sagen ja gar nicht denkbar wäre!
Und – zumindest bei diesem Spruch – auch gar nicht gehört werden will.
Denn dann müssten wir ja dahin gehen, wo es nicht bloß ums „funktionieren“ geht: „Läuft alles.“ „Jaja, ich bin gut aufgestellt.“ „Alles prima!“

Nur nicht reden über irgendwas, was nicht zu „funktionieren“ passt. Nicht, dass ich noch mein Gesicht verliere!

Dabei gäbe es sooo viel zu erzählen.

In den letzten Jahrzehnten unserer Kultur haben Frauen damit begonnen, einander zu erzählen, sich zu zeigen mit Gedanken, Gefühlen, Verletzungen und ihrer Lust.
Ich würde mal sagen, da ist auch noch viel, viel Luft nach oben.
Bei den Frauen, aber erst recht bei den Männern!

Denn hinter:

„Alles fit im Schritt?“

„Höhö, na klar!“

stecken so, so, so viele berührende, lebendige, schmerzhafte aber auch ermutigende und freudvolle Geschichten!

So fiel mir heute beim Putzen unseres alten Badezimmers zum Beispiel das erste Mal ein, als ich einen Samenerguss hatte.

Während eines heißen Sommers

– da war ich knapp 12 – hatte ich es mir auf den kalten schwarzen Fliesen schön gemacht, als es passierte.
Und mein erster Gedanke war eben nicht: „Ja. Jetzt bist Du ein Mann! Das ist ein Grund zum Feiern!“
Mein erster Gedanke war: „Aha: Pollution!“
Pollution, das hatte ich schon in der vierten Klasse im Aufklärungsunterricht gelernt, nannte man den ersten Samenerguß. Und alle weiteren unbeabsichtlichen Samenergüsse auch.
Aus meinem Englischunterricht in der 5. und 6. Klasse wusste ich inzwischen auch, was „pollution“ bedeutet: Verschmutzung, Umweltverschmutzung.
Die Herkunft des deutschen sexualmedizinischen Wortes Pollution kommt vom lateinischen polluere: beflecken, beschmutzen, verunreinigen
Tja, und genau das war mein jugendlicher Gedanke:

„Och nöö! Jetzt muss ich das jedesmal, wenn ich einen Orgasmus habe, wegmachen.“

Freude am eigenen Körper wird uns in dieser Kultur echt nicht leicht gemacht!

Als Frauen ebenso wie als Männer wurden und werden wir beschämt für unsere Freude, unsere Lust und für das, was – oft in Momenten der Freude – ganz natürlich aus uns raus kommt.
Unsere Genitalien hüten so viele unerhörte Geschichten, die uns bis heute begrenzen. Worüber wir sprechen können, das kann sich verändern und Freiräume schaffen …
Darum finde ich, es ist wichtig, dass wir damit beginnen, mehr von uns zu erzählen. Als Frauen, und ja: vielleicht ganz besonders als Männer.
Denn solange wir „Alles fit im Schritt?“ weiterhin mit
„Höhö, na klar!“ beantworten, und unsere Geschichten weiterhin beschämt in die hintersten Ecken unserer Schweigsamkeit verdrängen, hören wir nicht auf, uns für uns selbst zu schämen.
Und das wäre verdammt schade.

Denn wir Menschen sind, bei Licht betrachtet und in unserem Wesen gewürdigt, wunderschön!

MÄNNLICHE SEXUALITÄT – WAS IST DAS EIGENTLICH?

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Samstag, 16. September 2023, 11 Uhr bis 12:30 Uhr
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Für den Zoom-Link schreib mir eine E-Mail an
eilertbartels (at) arcor.de